Die Quellen im Wiener Diözesanarchiv
Das im Rahmen der vorliegenden Arbeit edierte Protokoll zur Visitation der Wiener Landpfarren wird unter der Signatur Wiener Konsistorialprotokolle (WP) 7 im Wiener Diözesanarchiv verwahrt1. Die fol. 295r bis 298r sind Teil der chronologisch geordneten Einträge zum Jahr 1582 und geben lediglich den Beginn des Visitationsprotokolls wieder. Das vollständige Protokoll findet sich in den Aufzeichnungen zum Jahr 1583 auf fol. 343r bis 364r, sodass der Inhalt der fol. 295r bis 298r in fast demselben Wortlaut auf den fol. 343 bis 346 wiederholt wird. Die Edition gibt den Text der fol. 343r bis 364r wieder und verweist im Fußnotenapparat auf die wenigen Textabweichungen, die in der Version aus dem Protokoll des Jahres 1582 zu finden sind. Das gänzliche Fehlen von fol. 358 und somit die Unvollständigkeit des Textes wird bereits in einer Dissertation aus dem Jahr 1956 vermerkt2. Die Fehlstelle umfasste einen Teil des Visitationsprotokolls von St. Ulrich sowie aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Protokolle von St. Veit, Schwechat und der Kapelle im Bürgerspital.
Dafür, dass es sich bei den Protokollbüchern um sekundäre Eintragungen handelt, spricht die Parallelüberlieferung von Teilen des Visitationsprotokolls in den Akten des für die Visitation verantwortlich zeichnenden Bischofs Johann Caspar Neubeck3. In Karton 3 der Neubeckschen Akten finden sich die Artikel zur Visitation in zweifacher Ausführung4, die Visitationsprotokolle der Pfarren Perchtoldsdorf5, Laa6, Lanzendorf und die Dekrete an die Pfarren Mödling, Brunn, Perchtoldsdorf7, Oberlaa und Lanzendorf8, außerdem das Schreiben an den Pfarrer von Hütteldorf und gleichzeitigen Inhaber des Benefiziums der Kapelle in Mauer9, das Schlussdekret sowie ein Entwurf dazu10. Diese Parallelüberlieferung wurde für die Texterstellung nur dort berücksichtigt, wo sie Textabweichungen bietet (Visitation der Pfarre Oberlaa). Da der in ihr gebotene Text sonst meist keine Zusatzinformationen zur Niederschrift im Wiener Protokollbuch bietet, wurde er nicht zur Texterstellung herangezogen. Nur in den Bischofsakten, nicht jedoch im Wiener Protokollbuch ist ein Blatt mit Notizen zu Maßnahmen enthalten, welche offenbar in der Folge der Visitation für die Pfarren Biedermannsdorf, Laa, Lanzendorf und Oberdöbling vorgesehen waren11. Dort findet sich zudem ein eigener Eintrag bezüglich des Umgangs mit Pfarrern, die in Konkubinat mit einer Frau leben.
Editionsrichtlinien
Die Edition der in lateinischer und deutscher Sprache verfassten Quellentexte aus dem Diözesanarchiv Wien gibt zunächst die Dekrete und Mandate wieder, die im Vorfeld der Visitation verfasst und an die betreffenden Pfarren übermittelt wurden, sodann die Artikel zur Befragung der Pfarrer und der oft mit der Vermögensverwaltung der Pfarren befassten Vertreter der Gemeinden (Interrogatorium). Diese beiden Teile sind im Quellentext der Wiener Protokolle in zweifacher Ausführung aufgezeichnet, einmal im Protokoll zum Jahr 1582 (fol. 295r–298r) und ein weiteres Mal im Protokoll zum Jahr 1583 (fol. 343r–346r). Das Visitationsprotokoll zu den einzelnen Pfarren (fol. 346r–359r) und das Schlussdekret (fol. 359r–364r) sind ausschließlich im Protokoll zum Jahr 1583 enthalten. Die Edition gibt die Dekrete und Mandate sowie das Interrogatorium aus dem Protokoll des Jahres 1583 wieder (Textvariante B). Die wenigen Abweichungen, welche die Textvariante (A) aus dem Protokoll des Jahres 1582 bringt, werden an den betreffenden Stellen im Fußnotenapparat vermerkt.
Die Wiedergabe der Texte adaptiert die gängigen Empfehlungen zur Edition frühneuzeitlicher Quellen12. Die der lateinischen Wörter orientiert sich an der klassischen Schreibweise. Das j in lateinischen Textabschnitten wird durchgehend mit i wiedergegeben (z. B. die Endung -i und -ii statt -j und -ij für den Genetiv Singular, ieiunus statt jeiunus). Bei Eigennamen wird die i-/j-Schreibung des Originals unverändert beibehalten (Ioannes neben Joannes). Statt der Ligaturen æ und œ werden ae und oe, für die seltene e-caudata wird sinngemäß ae oder e gesetzt. Während u und v dem Lautwert entsprechend normalisiert werden, bleiben aw und ew in der Edition erhalten. Beibehalten werden außerdem Konsonantenhäufungen, etwa Doppelungen des n bei unnd, die Konsonanten f und v, b und w werden ebenfalls wie in der Vorlage wiedergegeben. Die Getrennt- und Zusammenschreibung orientiert sich an der heutigen Orthographie.
Die in der Quelle gesetzten Kürzungen werden in der Edition ohne Klammern aufgelöst, wenn mit einem eindeutigen Buchstabenbestand zu rechnen ist. Das gilt in erster Linie für die lateinischen Texte, die weitgehend klassischen Schreibweisen und grammatikalischen Regeln folgen und das etablierte Kürzungssystem mit seinen traditionellen Kürzungszeichen anwenden. Sofern sich die Auflösung einer Kürzung oder, vor allem in den deutschsprachigen Abschnitten, der Buchstabenbestand nicht eindeutig erschließen lässt, werden runde Klammern gesetzt. Etwaige unsichere Auflösungen werden im textkritischen Apparat erläutert. Eckige Klammern kennzeichnen Ergänzungen durch die Editorin.
In beiden Sprachen wird prinzipiell die Kleinschreibung angewandt. Lediglich am Satzbeginn, bei Eigennamen und von Eigennamen abgeleiteten Adjektiva erfolgt Großschreibung ebenso wie bei Titeln, Werktiteln, liturgischen Festen, Namen von Gebeten, Datumsangaben, Wochentagen und nomina sacra (z. B. Apostolica Sedes, Hochw[urden], Pataviensis Agenda, Sacramentum). Die Schreibung von Eigennamen folgt auch bei Varianten stets der Vorlage.
Die Interpunktion orientiert sich, soweit möglich, als Lesehilfe an den Richtlinien der deutschen Sprache.
In den Fußnoten weist der mit Buchstaben gezählte textkritische Apparat die in der Vorlage verzeichneten Randvermerke, Korrekturen, Überschreibungen aus, ebenso die Lesevarianten aus der herangezogenen Parallelüberlieferung; gelegentlich werden Kürzungsauflösungen kommentiert. Der Sachkommentar bietet Erläuterungen zu den im Text genannten Personen, Orts- und Sachbegriffen, doch ist für Letztere vor allem das Glossar im Anhang zu konsultieren.